Nina Bauer - Coaching | Training | Consulting
Die Woche der Fehler
Rückblick auf eine Woche, in der es erstmals auch hochoffiziell um Fehler ging. Oh mein Gott! Es ging tatsächlich um FEHLER.
Nein, ich werde mich weiterhin in keinem meiner Beiträge oder Posts zur Pandemie oder zu politischen Themen äußern. Mir geht es auch nicht darum, eine Diskussion anzufachen (die brennt wohl eh schon lichterloh), in welcher es um einzelne Politiker, deren Meinungen oder um Parteien geht.
Worum geht es mir denn dann? Mir geht es um die Frage, ob wir denn schon bereit sind für den „Change“, den wir so oft ganz stolz der Welt präsentieren. Und darum, ob ich selbst den Fehler gemacht habe, mir nicht eingestehen zu wollen, dass unsere Gesellschaft noch lange nicht so weit ist, wie ich mir gerne einrede.
Seit mehreren Jahren gehört es zu meiner Arbeit – manche nennen es gerne auch Mission – Menschen in Unternehmen eine gesunde Fehlerkultur nahezubringen. Sie dafür zu begeistern, wie hilfreich es sein kann, Fehler zu machen und daraus zu lernen. UND darüber zu sprechen und die Fehler mit möglichst vielen Menschen zu teilen.
Seit einigen Jahren ist das Buzzword „agil“ aus den meisten Branchen nicht mehr wegzudenken. Dahinter steckt letztendlich ein wesentlicher Leitsatz: „fail fast – learn fast“
Klingt toll! Zeit dafür haben wir meist jedoch nicht. Okay … dafür habe ich sogar noch Verständnis. Was ist aber mit all den anderen Fehlern? All die Fehler, die einfach passieren? Warum teilen wir die denn nicht?
Schon mehrfach habe ich versucht, in Teams, Abteilungen und Unternehmen den Fehler des Monats zu etablieren. Auch gerade, also ganz aktuell, versuche ich es erneut. Es werden Fehler gesammelt, die anonym oder auch mit Namen eingereicht werden können. Online Whiteboards z. B. sind dafür sehr gut geeignet. Am Ende des Monats gibt es eine Urkunde. „Danke, dass du diesen Fehler mit uns geteilt hast!“ Immer mit Fehlerbeschreibung und den Learnings.
Klingt ganz simpel, oder? Fehler machen wir schließlich alle. Sollte man meinen. Aktuell scheint es jedoch eher der Fall zu sein, dass ich wieder ein zu perfektes Team gefunden habe. Fehler? Nein, gab es diesen Monat nicht.
Haben Sie Lust auf den ein oder anderen O-Ton? Bitteschön!
„Es ist zwar kein Fehler, aber ich schreibe eine Sache aufs Board, die wir endlich mal ändern sollten.“
„Ach nee, lieber nicht. Mir sind zwar ein paar Sachen passiert, aber die halten mich dann ja für inkompetent. Als Projektleiter kann ich mir das nicht leisten.“
„Wenn ich mal einen Fehler machen sollte, der auch gut klingt, werde ich den ganz bestimmt auch teilen.“
„Ich habe einen Fehler gemacht, der im Nachhinein dann doch gut war und daher war es im Grunde doch gar kein Fehler.“
Mein Fehler des Monats
In regelmäßigen Abständen veranstalte ich gratis online Events zu verschiedenen Themen – meine Online-Quickies. An diesen Events nehmen unterschiedlichste Menschen teil. Mir persönlich bekannte Personen, Personen, deren Namen ich von LinkedIn kenne, oder auch von meiner Instagram Follower Liste. Und zudem einige mir völlig unbekannte Menschen, mit denen ich vorab gar nicht in Berührung komme, da der Anmeldeprozess vollautomatisiert abläuft.
An jenem Abend hatte ich sehr kurzfristig meiner Mutter vom online Event erzählt und ihr den Link zum Einwählen geschickt. Und siehe da! Eine der ersten Teilnehmerinnen im Zoom Raum war Dagmar. Für mich völlig klar: meine Mutter. Wer denn sonst?
Sie selbst war nicht zu hören, sondern die Stimmen eines Mädchens und eines Jungen, die spielen und Quatsch machen. Für mich vollkommen klar: Die Kinder meines Bruders sind noch dort und erlauben sich nur einen Scherz mit mir.
Also ermahne ich: „So ihr Zwei! Ihr könnt hier im Raum bleiben, aber es wird nicht herumgekaspert.“ — Keine Reaktion. Das Gejuxe geht weiter. Der Zoom Raum füllt sich und ich beschließe, die beiden nun einfach rauszuwerfen. Mit einem Klick wird „Dagmar“ aus dem online Event geworfen.
Zack! Keine 30 Sekunden später ist sie wieder da und zwar mit genau der Geräuschkulisse wie zuvor. „Ihr seid ja schon wieder da. Jetzt benehmt ihr euch aber bitte.“ Ich mute alle Teilnehmer*innen und starte.
Am nächsten Tag sortiere ich in bei meinem Event-Provider die Email Adressen. Mich trifft fast der Schlag. Ein der Email Adressen lautet Dagmar.xxx@xxx.de. Du liebe Zeit! Ich ahne nichts Gutes und rufe bei meiner Mutter an. Und nein, weder sie noch meine Nichte hatte sich eingewählt. Ich habe tatsächlich eine mir unbekannte Teilnehmerin aus dem Zoom Raum geworfen und mich auch verbal nicht allzu höflich verhalten. Shit!
Ich habe direkt eine Email verfasst und um Verzeihung gebeten. Auch wenn ich ihre Antwort als sehr freundlich auffassen konnte, war es mir weiterhin sehr unangenehm.
Mein Learning
Was habe ich daraus gelernt und was können auch Sie für sich mitnehmen?
Aufmerksamer sein! Ja, das ist eines meiner Learnings in Bezug auf online Veranstaltungen. Alleine eine Liste und diese kleinen schwarzen Kästchen mit Namen drin, sagen mir noch lange nicht, wer sich tatsächlich im Raum befindet. Selbst wenn ich mir vorab alle Anmeldungen im Detail ansehe, kann ich nicht sicher sein, wer letztendlich hinterm Bildschirm sitzt.
Also: Immer freundlich und professionell bleiben. Egal, wen Sie hinterm Monitor vermuten.
Ein weiteres Learning: Ich bin für die Online-Quickie Reihe auf Zoom Webinar umgestiegen. Keine Video Funktion für Teilnehmende und auch keine Audio Funktion. Die Teilnehmerliste schaue ich mir im Vorfeld nicht an und konzentriere mich auf meinen Vortrag.
Meine Anregung für Sie
Welchen Fehler habe Sie diesen Monat oder diese Woche gemacht?
Würden Sie den Fehler mit anderen Menschen teilen?
Wie wertschätzend gehen Sie damit um, wenn eine andere Person ganz offen einen Fehler eingesteht, sich entschuldigt und damit Ihnen die Chance gibt, genau diesen Fehler nicht zu machen?
Ich lade Sie ein, sich diese Fragen zu stellen. Vielleicht werden Sie den ein oder anderen Fehler aus einer anderen Perspektive betrachten. Und wenn Sie dann noch einen Schritt weiter gehen und die Buchstaben von FEHLER durcheinanderwürfeln und neu sortieren …
… erhalten Sie einen HELFER.
Herzliche Grüße
Nina